Ein spannendes Panorama der Zeit um 1860 zeichnete die Lesung von Barbara Fleischer
am Donnerstag, 22. April 2010 im Atrium des Diakoniekrankenhauses Henriettenstiftung.
Sie las aus dem Reisebericht der ersten Oberin der Henriettenstiftung Emmy Danckwerts.
Diese informierte sich auf einer mehrmonatigen Reise in verschiedenen vergleichbaren
Einrichtungen und schrieb ein ausführliches Tagebuch.
So reiste sie mit der Eisenbahn, was damals durchaus beschwerlich war, nach Kaiserswerth
bei Düsseldorf, der ersten Diakonissenanstalt Deutschlands, 1837 gegründet.
Dort begegnete sie dem Gründer Pastor Fliedner, der die Idee der Diakonissenschaft
entwickelt hatte. Er machte auf sie einen tiefen Eindruck. Auch die Anstalt in
Kaiserswerth beeindruckte sie; vor allem durch die Vielfalt der Tätigkeitsfelder,
denn diese ermöglichte es den Diakonissen, nach ihren eigenen Fähigkeiten
und Neigungen eingesetzt zu werden.
Wie wichtig dies ist, hatte sie selbst Jahre zuvor in Berlin erfahren, wo sie in
einer Diakonisseeinrichtung gelebt und gearbeitet hatte. Dort konnte sie nicht –
wie sie es wünschte – Krankenpflege lernen, sondern wurde zur Apothekerin
ausgebildet; ihr Ausbilder war kein geringerer als der Schriftsteller Theodor Fontane.
Diese Einrichtung prägte sie noch in anderer Richtung: Hier hatte nicht ein
Pastor als Vorsteher die Leitung, sondern die Oberin war zugleich Vorsteherin; sie
hatte die Leitung des gesamten Hauses inne.
Von Kaiserswerth reiste Emmy Danckwerts weiter nach Köln, Straßburg,
Stuttgart und der Schweiz. Sie war nicht von allen Häusern gleichermaßen
begeistert. Sie beobachtete genau und kritisch. So sah sie, wie sich die Schwestern
in einem Krankenhaus rar machten und die Arbeit an Patienten „Stubenmädchen“
überließen. Und die bekamen noch nicht einmal ein festes Gehalt, sondern
lebten von den Trinkgeldern, die sie hier und da bekamen.
Vollends entsetzt war sie von einem Haus in Göttingen. Den dortigen Pförtner,
der sie reichlich betrunken empfangen haben muss, nahm sie bei ihrem Besuch als
Symbol für das ungepflegte und unsaubere Haus, das sie somit als wenig vorbildlich empfand.
Mit der Henriettenstiftung hat sie ein Haus für die damals wachsende bürgerliche Bevölkerung schaffen können. Denn das Krankenhauswesen gewann an Qualität und Bedeutung für die medizinische Versorgung aller Teile der Bevölkerung.
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