→ Predigt des Festgottesdienstes als PDF zum Download
Für eine Vision einer christlich solidarischen Gesellschaft sprach sich Landesbischöfin a.D. Dr. Margot Käßmann aus. Sie predigte beim Jubiläumsgottesdienst der Henriettenstiftung in Hannover, die vor 150 Jahren ihre Arbeit aufnahm. Über 1.500 Menschen waren in die Stiftung gekommen. Davon fanden gut 800 Platz in der Mutterhauskirche, die anderen hörten die Außenübertragung im Garten der Stiftung. Bei dem anschließenden Festakt sprach sich Ministerin Aygül Özkan für die Vielfalt der Träger im Gesundheitswesen aus. Oberbürgermeister Stephan Weil dankte der „Mannschaft“ der Mitarbeitenden – davon 80% Frauen – für ihr Engagement für die Patienten. Der Aufsichtsratsvorsitzende der Unternehmensgruppe Diakonische Dienste Hannover, Dr. Eckhart von Vietinghoff hob vor allem die Zukunftsfähigkeit in der Unternehmensentwicklung hervor.
Eine Vision von einer zukunftsfähigen solidarischen Gesellschaft skizzierte Dr. Margot Käßmann in ihrer Predigt: Tarifverträge für die Mitarbeitenden mit angemessener Entlohnung, eine medizinische und pflegerische Versorgung mit hohem Standard im internationalen Vergleich und Menschen, die füreinander einstehen. So lässt sich der Vers aus dem Galaterbrief übertragen: Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. Da sind nicht nur, so Dr. Margot Käßmann, die Mitarbeitenden, die die Lasten der Patienten und Schutzbefohlenden zu tragen haben. Sondern diese Mitarbeitenden müssen auch wissen, dass ihre Lasten von anderen mit getragen werden, wenn sie es benötigen. So entsteht ein Segenskreislauf, der nicht einseitig ist. Denn christliche Diakonie ist nötig, weil nicht nur Körper und Geist Betreuung benötigen, sondern auch die Seele.
Lasten zu tragen, das hat auch mit der Geschichte der Frauen zu tun. Daran hat auch die Schwesternschaft der Henriettenstiftung Anteil, und das von Anfang an. Die erste Oberin Emmy Danckwerts hat beispielsweise die Leitung des damaligen Krankenhauses übernommen, und das ohne die damals übliche männliche Überordnung. Lasten zu tragen, daran ist auch die Henriettenstiftung gescheitert, als sie die Mitschwester Hilde Schneider wegen ihrer jüdischen Vorfahren nicht vor den Nazis schützen konnte. Lasten zu tragen, dazu ist auch eine entsprechende Ausstattung nötig, und die umfasst Ethik, Ökonomie und Politik, damit das Umfeld stimmt.
Die Bedeutung diakonischer Krankenhäuser hob Komiteevorsitzender Dr. Rolf Krämer, Vizepräsident des Landeskirchenamtes, hervor. Sie sind ein unverzichtbarer Bestandheitsteil des Gesundheitswesens in Deutschland. Sie müssen sich allerdings auch am Markt bewähren. Deshalb sind die drei großen diakonischen Einrichtungen mit Krankenhäusern in Hannover zusammengerückt und haben sich zu einer Gesellschaft zusammengeschlossen, der Unternehmensgruppe Diakonische Dienste Hannover.
Bürgerschaftliches Engagement ist heute unverzichtbar, so betonte Aygül Özkan, Ministerin für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration. Deshalb sei das Engagement von Henriette von Württemberg, der Stifterin der Henriettenstiftung, bemerkenswert. Nicht alles könne man vom Staat erwarten. Immerhin sind allein im vergangenen Jahr rund 100 Stiftungen in Niedersachsen neu gegründet worden. Insgesamt gibt es etwa 1.500 Stiftungen im Niedersachsen. Als weiteres Merkmal der Henriettenstiftung benennt sie die Fähigkeit zu kontinuierlicher Weiterentwicklung. Denn nur mit der Integration des Wandels habe die Stiftung über die lange Wegstrecke von 150 Jahren bestehen und wachsen können.
Dr. Eckhart von Vietinghoff betont: „Bei der Henriettenstiftung hat die Zukunft Tradition“. Deshalb mache der Verbund der drei diakonischen Häuser in Hannover Sinn. Er sei in der Lage, sich in Krisensituationen zu bewähren und die Perspektiven für weitere Entwicklungen zu öffnen. Auf die Notwendigkeit, die Belange der Mitarbeitenden zu berücksichtigen, faire Tarifverträge zu ermöglichen, wies Diakoniedirektor Dr. Christoph Künkel hin. Oberbürgermeister Stephan Weil wies auf die Bedeutung des Krankenhauses für die Menschen in Hannover hin. „Das sind nicht nur die Chefärzte, sondern auch die Pflegekraft, der IT-Mann und die Reinigungskraft genauso wie die Ärztin und der Arzt.“ Damit ein Krankenhaus gut funktioniert, ist ein Team nötig. „Es ist eine Mannschaft, die das macht.“ Und ihr dankte er für ihr Engagement auch für die Arbeit in Hannover.
Nach dem Festakt wurde ausgiebig gefeiert bei schönstem Sonnenschein in Hannover. Es war eine nostalgische Feier mit einem Büffet mit Speisen aus der Zeit vor hundert Jahren. Walking Acts haben sich in feierliche Kleidung der Zeit von „anno dazumal“ geworfen: Prinzessinnen, Damen der höheren Gesellschaft, Mägde und Laufburschen waren da vertreten. Und für die Kinder gab es Spiele von früher und Hochräder. Das Salonorchester „Ensemble des fleurs“ spielte zur Musik auf. Außerdem gab es Butterkuchen aus dem rollenden Backofen. Der Nachmittag klang aus mit dem Irischen Reisesegen.
Bitte klicken Sie zum Vergrößern auf die Bilder…
zurück zur Fotogalerie